Mitgefühlsmüdigkeit

Man kann sich den Auswirkungen kaum entziehen, den ein enger Kontakt mit leidenden Menschen hat. Wenn man sich in sie einfühlt, entsteht als natürliche Reaktion Mitgefühl, definiert als der Impuls, ihr Leiden zu lindern und zu helfen. Wenn dieses Helfen überfordert, entsteht Mitgefühls-Stress. Wenn dieser Stress über längere Zeit anhält, führt er zu Mitgefühlsmüdigkeit. Sie kann bei professionellen Helfern auftreten aber u. a. auch bei pflegenden Angehörigen. Mitgefühlsmüdigkeit tritt als Spezialform von Burnout im Feld der Arbeit mit intensiv leidenden Menschen auf. Aus der Sicht der buddhistischen Psychologie wirkt Mitgefühl nicht ermüdend, es kann im Gegenteil sogar Kraft und Energie geben. Helfende verausgaben und erschöpfen sich insbesondere dann, wenn sie auf das Ergebnis ihrer Bemühungen fixiert sind und sich beispielsweise von deren Erfolg und von Anerkennung abhängig machen. In diesem Fall ist es treffender, von Anhaftungsmüdigkeit zu sprechen (Germer 2010, S 221-222)


Harrer (2013) Burnout und Achtsamkeit, Glossar

Der Begriff der Mitgefühlsmüdigigkeit (Compassion fatigue) wurde von Charles Figley (1995) geprägt und meint jene Symptomatik, die in der professionellen Arbeit mit traumatisierten Menschen auftreten kann. Er steht mehr oder weniger synonym mit dem Begriff der sekundären Traumatisierung bzw. dem sekundären posttraumatischen Belastungssyndrom (SPTBS).


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Links zu Mitgefühl

Links zu Selbstmitgefühl


Weiterführende Literatur


Skala zur Erfassung der beruflichen Lebensqualität (ProQOL)

Die Skala enthält Fragen zu Mitgefühlsmüdigkeit bzw. sekundärem traumatischem Stress (STS), Burnout (BO) und Mitgefühlszufriedenheit (MGZ), die in einer Sebsteinschätzung auf die vergangenen 30 Tage beziehen (1=nie, 2=selten, 3=manchmal, 4=oft, 5=sehr oft/immer).

  1. Ich bin glücklich. (BO invers d. h. Umkehrung des Wertes)
  2. Gedanklich beschäftigt mich mehr als eine Person, der ich helfe. (STS)
  3. Es macht mich zufrieden, anderen helfen zu können. (MGZ)
  4. Ich fühle mich mit anderen verbunden. (BO invers)
  5. Bei unerwarteten Geräuschen zucke ich zusammen oder erschrecke mich. (STS)
  6. Ich fühle mich gestärkt nach der (Zusammen-)Arbeit mit jenen, denen ich helfe. (MGZ)
  7. Es fällt mir schwer, mein Privatleben von meinem Leben als Helfer/in zu trennen. (STS)
  8. Ich bin nicht mehr so leistungsfähig bei der Arbeit, weil mir die traumatischen Erfahrungen einer Person, der ich helfe, den Schlaf rauben. (BO)
  9. Ich glaube, dass ich durch den traumatischen Stress derjenigen, denen ich helfe, beeinflusst worden sein könnte. (STS)
  10. Ich fühle mich durch meinen Beruf als Helfer/in gefangen. (BO) (BO
  11. Durch mein [Helfen] sind meine Nerven äußerst strapaziert. (STS)
  12. Ich mag meine Arbeit als Helfer/in. (MGZ)
  13. Ich fühle mich aufgrund der traumatischen Erfahrungen derjenigen, denen ich helfe, deprimiert. (STS)
  14. Ich fühle mich, als ob ich das Trauma einer Person, der ich geholfen habe, selber erlebe. (STS)
  15. Ich habe Überzeugungen, die mich stützen. (BO invers)
  16. Ich bin zufrieden mit meiner Fähigkeit, mit der Entwicklung von Hilfstechniken und Protokollen mitzuhalten. (MGZ)
  17. Ich bin die Person, die ich immer sein wollte. (BO invers)
  18. Meine Arbeit macht mich zufrieden. (MGZ)
  19. Ich fühle mich aufgrund meiner Arbeit als Helfer/in erschöpft. (BO)
  20. Ich habe fröhliche Gedanken und Gefühle in Bezug auf jene, denen ich helfe, und darauf, wie ich ihnen geholfen habe. (MGZ)
  21. Ich fühle mich überwältigt, weil mir meine Arbeitsbelastung unendlich erscheint. (BO)
  22. Ich glaube, dass ich durch meine Arbeit „etwas bewirken“ kann. (MGZ)
  23. Ich vermeide bestimmte Situationen oder Aktivitäten, da sie mich an beängstigende Erfahrungen der Personen, denen ich [helfe], erinnern. (STS)
  24. Ich bin stolz auf das, was ich tun kann, um zu helfen. (MGZ)
  25. Durch mein [Helfen] habe ich intrusive, beängstigende Gedanken. (STS)
  26. Ich fühle mich durch das System ausgebremst. (BO)
  27. Ich denke, dass ich als Helfer/in erfolgreich bin. (MGZ)
  28. Ich kann mich an wichtige Bestandteile meiner Arbeit mit Traumaopfern nicht erinnern. (STS)
  29. Ich bin eine sehr fürsorgliche Person. (BO invers)
  30. Ich bin glücklich darüber, dass ich mir diese Arbeit ausgesucht habe. (MGZ)

PROQOL Version 5 (2009) © B. Hudnall Stamm, 2009-2012. Professional Quality of Life: Compassion Satisfaction and Fatigue Version 5 (ProQOL). Dt. Übersetzung: Gräßer M, Hovermann E & Kebé M (2016)

Weitere Studien

Mitgefühlsmüdigkeit in den Medien

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