Messung von Burnout

Die Vielfalt der Messinstrumente spiegelt die unterschiedlichen Konzepte von Burnout und die Entwicklung der Konstrukte wider. Das weitaus am häufigsten eingesetzte Erhebungsinstrument ist das Maslach Burnout Inventory. Es wurde gleichsam zum Goldstandard, was allerdings vielfach kritisiert wurde. Andere Instrumente beschränken sich auf die Erhebung von Erschöpfung. Ein weiteres misst die Ausprägung der Gegenpole Erschöpfung und Engagement. Das Hamburger Burnout-Inventar fragt nach insgesamt zehn Dimensionen.

Maslach Burnout Inventory (MBI)

Der von Christina Maslach und Susan Jackson entwickelte Maslach Burnout Inventory (MBI) misst drei Dimensionen von Burnout: emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung, d.h. eine negativ distanzierte Einstellung gegenüber Patienten bzw. Klienten und das Gefühl einer reduzierten Leistungsfähigkeit  [download der historischen Arbeit von 1981].

Die erste Fassung des Fragebogens war ausschließlich auf den human service-Bereich ausgerichtet, d.h. auf Berufe, die mit Patienten oder Klienten zu tun haben (MBI-HSS, MBI-Human Services Survey). Um den Fragebogen auch bei Lehrern anwenden zu können, bei denen die Fragen nach Patienten nicht passen, wurde ein MBI-ES (MBI-Educators Survey) entwickelt. Für Berufe, die nicht primär auf Menschen hin orientiert sind, wurde noch eine dritte Fassung herausgegeben, der General Survey (MBI-GS). In diesem dritten Instrument wird die Einstellung gegenüber der Arbeit gemessen und nicht mehr gegenüber Menschen. Die Komponente der Depersonalisierung wird als Zynismus bezeichnet und als negative und distanzierte Einstellung zur Arbeit definiert. Für unterschiedliche Berufsgruppen wurden Items umformuliert z.B. „Von den Problemen meiner Klienten (Schüler, Patienten, Mitarbeiter, Gefangenen) bin ich persönlich berührt.“

Ein Problem bei der Interpretation des MBI besteht darin, dass es keine klaren Grenzwerte gibt, ab denen man von Burnout sprechen kann. Die angegebenen Normwerte beziehen sich auf Erhebungen an einer größeren Zahl von Personen aus unterschiedlichen Berufsgruppen. Zur Normierung wurde die Stichprobe in drei gleich große Gruppen geteilt: high, average und low. Die Zuordnung zu diesen Gruppen erfolgte somit nicht anhand klinischer Kriterien sondern aufgrund der Messwertverteilung. Nimmt man diese von Maslach empfohlen verteilungsbezogenen Grenzwerte, so definiert man ein Drittel der Personen als Burnout-Fälle. Nimmt man beispielsweise die klinischen Grenzwerte von Patienten in Psychotherapie als Bezugsgrößen, so werden lediglich 2,6% bis 15,5% aller Personen (je nach MBI-Skala) einer niederländischen Normstichprobe als Burnout-Betroffene eingestuft [Schaufeli & Dierendonck 1995, vgl. Hillert & Marwitz S 106f].

Zur nächsten Frage: Was misst der MBI eigentlich genau? Da sind zunächst folgende Aussagen zur Dimension emotionale Erschöpfung, bei denen angekreuzt werden soll, wie oft etwas vorkommt (einige Male im Jahr, einmal im Monat, einige Male im Monat, einmal pro Woche, einige Male pro Woche oder täglich):

Ich fühle mich von meiner Arbeit ausgelaugt. Am Ende des Arbeitstages fühle ich mich erledigt. Ich fühle mich müde, wenn ich morgens aufstehe und wieder einen Arbeitstag vor mir habe. Den ganzen Tag mit Leuten zu arbeiten, ist wirklich eine Strapaze für mich. Durch meine Arbeit fühle ich mich ausgebrannt. Meine Arbeit frustriert mich. Ich glaube, ich strenge mich bei meiner Arbeit zu sehr an. Mit Menschen in der direkten Auseinandersetzung arbeiten zu müssen, belastet mich zu sehr. Ich glaube ich bin mit meinem Latein am Ende [vgl. Hillert und Marwitz 2006, S. 112].

Wenn man diese Fragen genauer betrachtet, beziehen sie sich weniger auf Emotionen als auf überdauernde Stimmungen, auf Arbeitszufriedenheit und einen resignativ bis depressiv getönten Erschöpfungszustand [vgl. Hillert und Marwitz 2006, S. 112]..

Die Aussagen zur Dimension Depersonalisierung lauten:

Ich glaube, ich behandle einige Klienten als ob sie unpersönliche „Objekte“ wären. Seit ich diese Arbeit mache, bin ich gleichgültiger gegenüber Klientin geworden. Ich befürchte, dass diese Arbeit mich emotional verhärtet. Bei manchen Klienten interessiert es mich eigentlich nicht wirklich, was aus/mit Ihnen wird. Ich spüre, dass die Klienten mich für einige ihrer Probleme verantwortlich machen [vgl. Hillert und Marwitz 2006, S. 113].

Hier bleibt unklar, ob sich die innere Haltung auch im Verhalten äußert und ob es während des Ausbrennens eine Entwicklung in Richtung Depersonalisierung gegeben hat oder diese Einstellung im Wesentlichen ohnehin immer schon vorhanden war [vgl. Hillert und Marwitz 2006, S. 113].

Die Dimension einer reduzierten Leistungsfähigkeit wird mittels folgender Aussagen erhoben:

Es gelingt mir gut, mich in meine Klienten hinein zu versetzen. Den Umgang mit Problemen meiner Klienten habe ich gut im Griff. Ich glaube, dass ich das Leben anderer Leute durch meine Arbeit positiv beeinflusse. Ich fühle mich voller Tatkraft. Es fällt mir leicht, eine entspannte Atmosphäre mit meinen Klienten herzustellen. Ich fühle mich angeregt, wenn ich intensiv mit meinen Klienten gearbeitet habe. Ich habe viele wertvolle Dinge in meiner derzeitigen Arbeit erreicht. In der Arbeit gehe ich mit emotionalen Problemen sehr ruhig und ausgeglichen um [vgl. Hillert und Marwitz 2006, S. 114].

Dabei wird nicht reduzierte Leistungsfähigkeit erfragt, sondern dass Vorhanden-sein oder eben ein Fehlen von persönlicher Erfüllung, das dann als Burnout definiert wird. Entgegen der Bezeichnung der Skala wird kein Diskrepanzerleben erfragt, weder zwischen aktueller und früherer Leistungsfähigkeit noch zwischen Anspruch und Realität, sondern eine Momentaufnahme erhoben [vgl. Hillert und Marwitz 2006, S. 114f].

Schaufeli & Taris (2005) The conceptualization and measurement of burnout: Common ground and worlds apart. Work & Stress

Tedium Measure (Überdruss-Skala)

Als zweiter Fragebogen in diesem Bereich wurde von Pines, Aronson und Kafry der schon erwähnte Tedium-Measure (TM) (dt. Überdruss-Skala) entwickelt. Nachdem die Autoren die Unterscheidung von Überdruss und Burnout fallen gelassen hatte, wurde der Fragebogen in Burnout-Measure umbenannt [Schaufeli & Dierendonck 1993, download]. Obwohl die Autoren eine komplexe und mehrdimensionale Definition von Burnout geben, setzen sie diese im TM nicht um. Bei der Instruktion bleibt unklar, auf welchen Zeitraum sich die Fragen beziehen, die Skalierung sei „fragwürdig, seine Normierung unzulänglich.“ So sei trotz seiner Popularität und der Einfachheit seiner Anwendung der wissenschaftliche Wert des TM in Frage zu stellen [vgl. Hillert und Marwitz 2006, S. 100].

Copenhagen Burnout Inventory (CBI)

fokussiert auf den Faktor Erschöpfung und besteht aus drei Sub-Skalen. Fragen zu generellen Symptomen von Erschöpfung, zur Erschöpfung am Arbeitsplatz und zu klientenbezogener Erschöpfung

Fragen zu generellen Symptomen von Erschöpfung sind z.B.:

Wie oft fühlen Sie sich müde? Wie oft denken Sie: Ich kann nicht mehr? Wie oft fühlen Sie sich geschwächt und anfällig für Krankheiten? Wie oft fühlen Sie sich körperlich bzw. emotional erschöpft?

Fragen zur Erschöpfung am Arbeitsplatz sind etwa:

Sind Sie schon am Morgen erschöpft, wenn Sie an den kommenden Arbeitstag denken? Haben Sie in der Freizeit genug Energie für Familie und Freunde? Sind Sie von Ihrer Arbeit frustriert?

Klientenbezogene Erschöpfung wird in Fragen erhoben wie z.B.:

Entzieht es Ihnen Energie, mit Klienten zu arbeiten? Sind sie es müde, mit Klienten zu arbeiten? Haben Sie den Eindruck, mehr zu geben als Sie in der Arbeit mit den Klienten bekommen? Fragen Sie sich manchmal, wie lange Sie in der Lage sein werden, mit Klienten zu arbeiten? [Kristensen et al 2005]

Hamburger Burnout-Inventar (HBI)

fragt  in 39 Items nach zehn Dimensionen: emotionale Erschöpfung, Leistungsunzufriedenheit, Distanziertheit, depressive Reaktion auf emotionale Belastungen, Hilflosigkeit, innere Leere, Arbeitsüberdruss, Unfähigkeit zur Entspannung, Selbstüberforderung und aggressive Reaktion auf emotionale Belastung. Ein 40. globales Item lautet: Ich stecke in einer Krise, aus der ich momentan keinen Ausweg finde. [link]

Online-Version von BIND (Burnout Institut Norddeutschland)

Oldenburg Burnout Inventar (OLBI)

basiert auf zwei Dimensionen: Erschöpfung und Engagement. Es enthält Items zu emotionaler Erschöpfung wie z.B.: Nach der Arbeit brauche ich jetzt längere Erholungspausen als früher, um wieder fit zu werden. Ein Beispiel zu Engagement: Mit der Zeit engagiere ich mich immer mehr bei meiner Arbeit [vgl. Burisch 2006, S. 36].

Shirom-Melamed Burnout Measure (SMBM)

enthält Fragen nach physischer Mattigkeit, nach kognitiver Ermüdung und nach emotionaler Erschöpfung.

Auch Arie Shirom und Samuel Melamed von der Universität Tel Aviv stellen Erschöpfung bzw. Ermüdung in den Vordergrund ihres Konzepts von Burnout. Sie entwickelten einen Fragebogen (SMBM), der sich dem subjektiven Gefühl von Erschöpfung auf drei Ebenen nähert: der physischen, der kognitiven und der emotionalen, wobei letztere über ihre Auswirkungen auf die Beziehungen zu Arbeitskollegen und Kunden erhoben wird.

Der Fragebogen enthält Fragen zu Ermüdung auf den drei Ebenen: Fragen nach physischer Mattigkeit: Ich fühle mich müde; habe keine Energie, um morgens zur Arbeit zu gehen; fühle mich körperlich ausgelaugt; habe die Nase voll; habe das Gefühl, dass meine Batterien leer sind; ich fühle mich ausgebrannt. Fragen nach kognitiver Ermüdung: Mein Denken ist verlangsamt; ich habe Schwierigkeiten mich zu konzentrieren; ich habe das Gefühl, nicht klar zu denken; ich habe das Gefühl, beim Denken nicht bei der Sache zu sein; ich habe Schwierigkeiten, über komplexe Dinge nachzudenken. Fragen nach emotionaler Erschöpfung: Ich fühle mich nicht in der Lage, mich auf die Bedürfnisse von Arbeitskollegen und Kunden einzustellen; bzw. gefühlsmäßig in Arbeitskollegen oder Kunden zu investieren; bzw. mich in Arbeitskollegen oder Kunden hinein zu versetzen [link].

Lundgren-Nilsson et al (2012) Internal construct validity of the Shirom-Melamed Burnout Questionnaire (SMBQ). BMC Public Health

Berufsspezifische Instrumente

z.B. MBI-ES (MBI-Educators Survey)

Weitere Instrumente

COPSOQ – Fragebogen – Screening- Instrument zur Erfassung psychischer Belastungen und Beanspruchungen bei der Arbeit. Deutsche Version des Fragebogens auf Basis des dänischen und englischen Copenhagen Psychosocial Questionnaire:  Freiburger Forschungsstelle für Arbeits- und Sozialmedizin

Link zu einer Reihe von Online-Tests (alleszuviel.at)

Messung von Achtsamkeit

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